Alfons Bürgler - page 49

Der Meister des Aquarells
Der leere Raum, die Spannung, der Duft der Farben, ihre
Transparenz, ihr Klang, die Bestimmtheit und Treffsicherheit
der Form, die Leichtigkeit der Geste – was immer sich
von einem zeitgenössischen Aquarell sagen lässt, es trifft
sichtlich auf diese kleinen Gemälde zu (Abb. 49 – 68):
Die feinen Malereien führen den Betrachter durch Wiesen-
gründe mit Obstbäumen, lenken den Blick auf eine schein-
bar ereignislose Gebäudegruppe, weiten die Sicht aus über
ein nahes Gestrüpp und Hügel zu den entfernten Bergen –
sie zeigen Augen-Blicke auf Landschaften.
Dabei haben die Motive nichts Gewöhnliches an sich, es
sind nicht etwa rasch geknipste Erinnerungsfotos im Sinn
von «da war ich einmal, das habe ich gesehen».
Das Schöne daran ist, dass sie einen ganz bestimmten
Moment festhalten, eine bestimmte Jahres- und Tageszeit,
den Moment zum Beispiel, in dem die Oktoberwärme, die
trockene, duftende Luft und das Siebzehnuhrlicht alle
Sinne gefangen nehmen und ein Provence-Gefühl auf-
steigen lassen.
Oder den Augenblick, in dem alle Gewissheiten in der
Unbestimmtheit der aufkommenden Dämmerung und im
weichen Widerstand des tauenden Schnees schwinden,
auch die Gewissheit der Häuser.
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